Pollerich – ein Leben in der Vogelkrippe
Heute braucht Ihr etwas Zeit.
Lori ist ein junges Mädchen, kann sein, dass sie aber auch schon Mitte zwanzig oder darüber ist. Im „Alter schätzen“ bin ich echt eine Niete, doch selbst die Pina wusste nichts Konkretes. Als wir vor kurzem bei der Gemüsebox waren, mussten wir einfach auch mal wieder etwas Neues versuchen. Ich hatte gesehen, dass dieses junge Mädchen Wein und Eier verkauft. Also nicht wie hin. Wir dackeln also los und geben uns neugierig. Woher kommst du, was machst du, woher kommen die Produkte und ob Bio oder eben nicht. Sie erzählt uns, dass sie hier von der Gegend ist und vor kurzem damit begonnen habe, ihre eigenen Produkte zu vermarkten: Eier, Wein, Gemüse und vieles mehr. Zudem hätten sie Hühner, Truthähne, Enten, Gänse, Tauben, Rebhühner und Kaninchen. Alles frisch zu erstehen auf Vorbestellung. Frische Hühner??? Pollo (ital. für Hühnchen)??? Alle zusammen in einer Geflügelkrippe? Und dann noch Freiland. Womöglich noch glücklich und nur im Ernstfall geschlachtet. Das müssen wir sehen, ausprobieren und kochen. So etwas hat ja niemand bei sich auf dem Hügel, denn: sie ist nur knapp 1 km von uns entfernt. Sagenhaftes Dusel. Wir nehmen einige Eier, Wein (naja …) und ihr Visitenkärtchen und verabreden uns für den kommenden Tag.
Am Nachmittag fahren wir zu Lori. Eine süß angelegte Auffahrt mit vielen Blumen und kleinen bunten Täfelchen überall. Ist mir fast schon zuviel. Sie kommt uns entgegen und fragt, ob wir gerne den Hof sehen möchten. Sie veranstaltet auch Führungen für Schulklassen, mit den Kindern backt sie dann auch Kuchen (ahhhhh – deshalb der Kinderkram). Es ist echt cool. In einem Gehege lebt das gesamte Geflügel zusammen und selbst ein anderer WG-Bewohner -das Kaninchen- sieht glücklich aus unter dem ganzen Federvieh. Es sind große, kräftige Tiere, die den ganzen Tag herumtollen und nach Nahrung picken. Die Gänse machen einen ohrenbetäubenden Lärm, aber das kennen wir ja schon von unserem Nachbarn (der hat Schafe, Ziegen, 3 Hunde, ein paar Katzen und eben Gänse). Zudem hat Lori noch 2 Esel, ein Schwein, Ziegen und 1 Schaf. Alles für die Kids zum Anfassen, und Staunen. Also wir zurück zum Haus kommen, erwartet uns schon die Mama und fragt, ob wir mit ihnen einen Kaffee trinken. Also einen Espresso – versteht sich. Nun gut, auf einen Kaffee, erklären, dass wir die Nachbarn sind, woher wir eigentlich ursprünglich kommen, wen wir hier kennen und so weiter und so fort. Das dauert immer mindestens eine Stunde. Somit muss man immer planen, wen man wann besucht. Denn keine Zeit für ein Schwätzchen zu haben geht nicht. Gut. Ich bezahle, lade die Nachbarn ein, auch mal bei uns rein zu schauen, und wir machen uns auf den Heimweg – dauert genau 2 Minuten.
Der PLAN:
Limetten-Rosmarin-Hühnchen aus dem Holzofen (Pizzaofen) an Fenchel-Ofenkartoffeln mit frischem Kopfsalat.
Das will ich schon seit Jahren machen. Nachdem ich Pepe, meinen Namensvetter und seines Zeichens Polizist vor kurzem riesige Löcher in seinen dicken Bauch gefragt habe, bin ich fest entschlossen, den Pizzaofen endlich zu reaktivieren und eben das Hühnchen und die Kartoffeln darin zu machen. Zudem mit der Restwärme noch eine Pizza, Focaccia oder ein Brot zu backen. Der Teig ist schon fertig und geht bereits seit Stunden. Wir kommen zu Hause an und ich schau hoch zum Himmel. L.m.a.A. 10 Minuten später beginnt es zu schütten wie aus Kübeln und ich sitze jetzt auf meinem Huhn und es hört einfach nicht auf. F…
Plan B: dann eben wieder auf die Konventionelle. Ich hole also das Huhn aus dem Kühlschrank und öffnen die Tüte. Alsoooooo: ich muss schon sagen, dass die Landbevölkerung einen robusten Charme an den Tag legt. Wer bezahlt, hat ein Anrecht auf das ganze Huhn und ich meine das genau so.
Also liebenswürdigerweise hat die Mama Lori mir den Kopf des Huhn samt Hals schon abgetrennt, doch liegt er ebenso in der Tüte wie das Hühnchen, die Innereien und die Füße. Eine echte Delikatesse übrigens: hatte ich schon einmal in Hong Kong. Spritzt etwas, wenn man reinbeißt, dann auszutzeln und basta. Die Knorpel kann man, muss man aber nicht. Essen.
Ist auch eher wie Schweineohren oder Nervi di Bue (gibt’s gerne im Veneto). Pepe hat mir vor kurzem von einem tollen Sugo mit eben jenen Hühnerfüßen erzählt. Ich denke wenn er will, kann er sie gerne haben. Aus dem Kamm des Huhns könnte man auch was Tolles zaubern, doch ich hab ja heute etwas anderes auf dem Speiseplan und der sollte schließlich jetzt endlich mal umgesetzt werden.
Man nehme also: ein küchenfertiges Hühnchen. Meins wiegt 2,8 kg, allerdings mit Kopf und Füßen, und hat prachtvolle, muskulöse Beine vom Herumtollen. Dieses fülle ich mit
1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 2 Limetten und soviel Rosmarin wie reingeht.
Heute will ich auf Nummer sicher gehen. Das wird heute wie im Holzofen. Gefälligst! Damit das Hühnchen mehr Aroma bekommt, pinsel ich es mit einer Mischung aus
Olivenöl, Curry Pulver, Salz und Pfeffer ein.
Danach klemme ich zwischen die Keulen und Flügel nochmals frischen Rosmarin
und verbinde alles zu einem prachtvollen Paket.
Der Ofen ist auf 170 Grad Umluft vorgewärmt. Damit es später nicht so eine Sauerei beim Spülen gibt, lege ich immer etwas Backpapier in die Form, dann brennt das Fett nicht hinein.
Für die Ofenkartoffeln verwende ich eine mehligkochende Sorte. Überflüssig zu erwähnen, dass ich es in all den Jahren in Italien eh nicht geschafft habe, Festkochende zu finden. Aber: zugegebenermassen werden sie mit den Mehligkochenden wirklich besser. Sie sind außen fest mit schöner Kruste und innen noch fluffig. Einfach ein Gedicht. So die Theorie. Also waschen, schälen, längs halbieren, dann nochmals längs halbieren und nochmals halbieren. Macht 8 Teilchen aus jeder Kartoffel. Alles in eine Schüssel geben,
Olivenöl, Salzflocken und Fenchelsamen dazu geben und gut vermischen.
Diese Variante ist echt spitze und Rosmarin haben wir ja wirklich genug beim Pollerich. Das Ganze zu dem Hühnchen in die Form geben und Ofen wieder zu.
Das Hühnchen zuerst mit der Brust nach unten 30 Minuten bräunen. Die Frage der Temperatur ist nicht einfach zu beantworten. Hier gehen die Meinungen soweit auseinander, dass ich mich mit meinen 170 Grad sehr eidgenössisch verhalte. Nach 30 Minuten umdrehen und weitere 1,5 Stunden garen. Da mein Huhn ein Freilandmonster war (bei 2,8kg), erscheint mir die Zeit angebracht. Bei kleineren Exemplaren sicherlich etwas weniger.
Für den Salat folgendes Dressing: bei mir werden Salatsoßen immer geschüttelt, nicht gerührt!
Olivenöl, Weissweinessig (heute Chardonay-Essig), Salz, frisch gemahlener, grüner Pfeffer, 1 TL Senf, 1 TL Honig and shake it, shake it!
Sobald das Hühnchen fertig ist, tranchieren und anrichten.
Der Duft der durchs Haus strömt, ist verführerisch und ich hätte jetzt gerne das Geruchs-Internet am Start. Natürlich für euch.
Allora Amici – buon appetito.
Warum hab ich Idiot eigentlich so wenige Kartoffeln gemacht?????? Die sind wirklich zu gut. Menno!
Das sieht sowas von lecker aus, darf man(n) sowas eigentlich Posten, der reinste Magenorgasmus
Hallo Achim,
Danke. Das darf man(n) sogar essen 😉
LG
G&G
das mache ich gleich nach, sieht ja wohl sowas von lecker aus !! Bei uns im hohen norden soll es auch ein paar wenige frei laufende und noch glückliche Federgesellen geben, also los !!
LG Irinchen aus Hamburg
Hi Irina,
Super! Das Über-Ssstock-unn-Ssstein-Federvieh aus dem hohen Norden soll ja ebenso gut schmecken wie die Dolce-Vita-Hühner aus dem Süden :-)… Wir würden uns übrigens riesig über ein Foto davon freuen!!!! Liebste Grüße nach HH von GG