Bacchus‘ Paradies -Tenuta Cocci Grifoni

Wir werden mit großer Gastfreundschaft und viel positiver Energie von den drei Damen der Tenuta Cocci Grifoni empfangen. Sig.ra Diana und ihre Töchter Marilena und Paola führen eines der renommiertesten Weingüter in den italienischen Marken.

La Famiglia Marilena-Diana-Paola

Das Anwesen liegt eingebettet in die herrliche Landschaft des Piceno und wir besuchen die ca. 80 Hektar große Tenuta an einem der seltenen windstillen Tage.

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Die Weine des vielfach besprochenen und prämierten Weingutes gehörten seit langer Zeit zu unseren bevorzugten Tropfen und wir wollen sie in unser Sortiment aufnehmen. Die Tenuta existiert seit 1970 und wurde von Sig.ra Dianas Mann – Cavaliere Guido Cocci Grifoni – dem Vater von Marilena und Paola, ins Leben gerufen. Er war ein Ausnahmeunternehmer, ein kreativer und vorwärtsdrängender Geist, der sich nicht dem Konformismus allgemeiner Markttendenzen unterwarf, sondern immer seiner eigenen Philosophie folgte. Statt auf internationale Modegewächse setzte er auf ortsansässige Rebsorten. So war Guido Cocci Grifoni Protagonist bei der Wiederentdeckung des Pecorino. Pecorino ist eine einheimische (autochthone) Rebsorte, die seit 1871 bekannt ist. Aufgrund Ihrer geringen Produktivität kam sie seinerzeit nicht mehr zum Einsatz und war fast vollständig in Vergessenheit geraten – bis Guido Cocci Grifoni sie wieder entdeckte. Seit Anfang der 80-iger Jahre erforschte und untersuchte er die Rebe und brachte schließlich 1992 den ersten 100% reinen Pecorinowein auf den Markt. Heute darf sein Colle Vecchio das Gütesiegel DOCG tragen, ist mehrfach prämiert und unter anderem auch dem Wine Advocate von Robert Parker aufgefallen. Giuseppe und ich lieben diesen Wein  – er ist ungewöhnlich und eigenständig: Intensiv, aromatisch, von strohgelber Farbe und ein optimaler Begleiter zu Fisch, hellem Fleisch und Antipasti.

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Vor drei Jahren verstarb Guido Cocci Grifoni. Sig.ra Diana, Marilena und Paola führen die Firma in seinem Sinne weiter, sind noch enger zusammengerückt und stellen sich den Herausforderungen unserer Zeit. Die Verbundenheit der Familie mit dem eigenen Land, sowie das absolute Streben nach Qualität müssen mit den Anfordernissen der modernen Märkte, der Internationalisierung und der allgemeinen Verflachung der Preise in Einklang gebracht werden. Die Aufgaben sind hierbei klar und synergetisch verteit. Sig.ra Diana kümmert sich um das Land, die Bewirtschaftung der Weinberge und um die Verteilung und Disposition der dort anfallenden Arbeiten. Marilena, die ältere der beiden Schwestern, ist für das Marketing und den internationalen Vertrieb zuständig. Paola ist doppelt diplomierte Önologin, führt die Analysen und deren Auswertungen durch und betreut auch die rechtlichen Aspekte der Firma. Flankiert wird die Familie hierbei von der kompetenten und sympathischen Tiziana, die den europäischen Export betreut und die Betriebsbesichtigung mit uns durchführt.

Azienda

Cantina

Im Firmenhof steht eine große Warensendung die für China bestimmt ist. Asien ist ein Markt der mehr und mehr im Kommen ist. Marilena fliegt demnächst wieder nach Japan, um dort die Dinge voranzutreiben. Rund 350.000 Flaschen produziert Cocci Grifoni jährlich. Überraschend dabei für uns: Die Hälfte der Produktion besteht aus Weißwein, selbst in Italien ist die Nachfrage danach während der letzten Jahre unaufhörlich gestiegen. Die körperreichen und hervorragenden Rotweine der Tenuta bestehen aus Montepulciano, Cabernet Sauvignon, Sangiovese und Merlot. Der Montepulciano trifft hier übrigens auf ein ideales Terroir. Wir durchwandern mit Tiziana die Firma. Der Wein wird in Stahl- und Betontanks gelagert. Die Rotweine reifen in den großen slawonischen Holzfässern, die immer gebraucht in Verwendung kommen, um die Holznote nicht zu dominant werden zu lassen.

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Der hervorragende Vigna Messieri, ein Rosso Piceno Superiore DOC, reift ganze  24 Monate im slawonischen Holzfass und wird anschließend mindestens 6 weitere Monate in der Flasche ausgebaut. Nur 13 Gemeinden in den Marken landeinwärts dürfen den Rosso Piceno Superiore produzieren und ihn als solchen betiteln. Tiziana zeigt uns eine erste Flasche von 1969. Zu dieser Zeit etwa begann man in den Marken mit der Flaschenabfüllung, zuvor verkaufte man den Wein aus dem Tank. Das stellte die Weingüter vor neue Herausforderungen, erhöhte aber auch merklich die Qualität der Weine.

Abfüllung

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Wir werden zum Mittagessen gerufen. Während herzhafter Schinken und Wurst aufgetragen wird, verkosten wir einen neugekelterten Weißen, der direkt aus dem Tank in eine kleine grüne Flasche gefüllt wurde. Er ist frisch und pritzelt noch ganz leicht auf der Zunge, die Flaschenabfüllung dieses Jahrgangs erfolgt erst noch in den kommenden Wochen. Auch Poala neigt das Glas, nimmt den Duft auf, probiert, lächelt und ist zufrieden mit dem Ergebnis.

Neuzugang

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Anschließend wird uns ein duftend-lockeres Omelett mit Cima di Rapa serviert und deftige Würste aus Schweinefleisch, die Sig.ra Diana direkt bei einem Nachbarn bezieht. Dazu trinken wir einen Schluck Wein und plaudern. Mit Marilena und Tiziana sprechen wir über Politik (ein ergiebiges Thema nach den erst kürzlich erfolgten Wahlen :-)) , verschiedene internationale Märkte sowie deren Entwicklung und Potential. Über die Marketingmaßnahmen, die in heutiger Zeit zwingend erforderlich sind, dazu gehören nicht nur Degustationen, die in der Tenuta auf Vorbestellung durchgeführt werden und Betriebsbesichtigungen, sondern auch eine aktive PR. Tiziana erklärt uns den Charakter ihrer Weine und ist erstaunt, dass wir  fast alle kennen, denn wir sind Fans ihrer körperreichen und satten Rotweine. Paola erzählt von ihrem beruflichen Werdegang. Schon als junge Frau begann sie ihre önologische Ausbildung, absolvierte trotz mancher Widrigkeiten ihr Doppelstudium und liebt was sie tut. “Die Passion für unsere Produkte liegt in unserer DNA,” sagt sie lachend. “Da kann man nicht dagegen an!”

Paola und TizianaPaola und Tiziana

Wir freuen uns, als zum Schluss Signora Diana zu uns stößt und uns einlädt, mit ihr in die Weinberge zu fahren. Giuseppe faltet seine langen Beine in den Frontbereich des Fiat-Pandas 4×4, ich sitze hinten. Ende März, Anfang April schlagen die Blätter der Weinstöcke aus. Ab diesem Zeitpunkt erfordert das Terroir verstärkte Kontrolle und Bearbeitung.

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An den Anfang vieler Reihen hat Giudo Cocci Grifoni seinerzeit Rosenstöcke gepflanzt. “Hat das einen besonderen Grund?” frage ich Signora Diana und sie sagt “Er hat sie einfach gepflanzt, weil sie so schön sind.” Sie weist mit dem Finger in eine Senke gen Norden und sagt: “Dort unten sind übrigens unsere ältesten Pecorinostöcke.” Wir sind überrascht, Richtung Norden? Ja, so bestätigt sie, Pecorino wird gen Norden ausgerichtet, etwas frischer müsse er es in den heißen Sommern haben. Die alten Weinstöcke müssen noch komplett von Hand bearbeitet werden. Weder die Reihenabstände, noch die Anbindung lassen den Einsatz von Maschinen zu. Über uns erheben sich Rebstöcke der Sorte Montepulciano. Welche Reben sie für Ihre DOC-Weine anpflanzen darf, wird übrigens maßgeblich durch die Vorschriften des DOC- oder DOCG-Siegels bestimmt. Auch die Anzahl der Pflanzen pro Reihe und deren Ertrag werden reglementiert und reduziert. Dadurch wird eine bestimmte Ertragsmenge mehr oder minder festgelegt. Das erklärt den Rückschnitt der Reben, es werden nur ein bis zwei Zweige belassen. Größere Wunden dürfen der Pflanze nicht zugeführt werden, da diese Schnittflächen anfälliger für Krankheiten und Infektionen sind. An einem verbleibenden Trieb sehen wir 7 Augen, aber nicht alle davon werden zwangsläufig zu Traubenbündeln.

7Augen

Wir begreifen langsam die ungeheure Komplexität des Weinbaus, einer Wissenschaft, die nicht nur den Jahreszeiten und klimatischen Verhältnissen, sondern ebenso der Achtsamkeit und Leidenschaft des Winzers unterworfen ist. Zufrieden und ausgefüllt kehren wir zur Tenuta zurück und genießen noch einmal das herrliche Panorama von der Terrasse aus. Es war ein langer, schöner und lehrreicher Tag und wir freuen uns, wenn wir künftig die herrlichen Weine dieser drei außergewöhnlichen Frauen in unserem Onlineshop verkaufen können.

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